Krachen und Scheppern musses! Oder: Philosophie, nein danke?
Gibt es so etwas wie "gute" Bücher? Oder schlechte? Wird der Autor von Liebesromanen, die in Groschenheften abgedruckt werden, jemals Preise für seine literarischen Leistungen erhalten? Wahrscheinlich nicht, aber sind diese Bücher dann auch gleich schlecht?
Solange es nur einen Leser gibt, dem ein Buch etwas gibt, und sei es nur Unterhaltung oder vorübergehende Ablenkung, war das Buch wahrscheinlich zu etwas nütze - das allerdings reicht z.B. der Autorin Siri Hustvedt nicht. Hier ein Zitat aus einem Essay aus ihrem Buch "Leben, Denken, Schauen": "Das Lesen hat in unserer Kultur so nachgelassen, dass jetzt alles Lesen für 'gut' gehalten wird. Kinder werden ermahnt, überhaupt zu lesen, so als wären alle Bücher gleich, doch ein mit Binsenweisheiten und Klischees, mit formelhaften Geschichten und einfachen Antworten auf schlecht gestellte Fragen aufgeblähtes Gehirn ist kaum das, worum wir uns bemühen sollten."
Goethe sieht das ähnlich: "Man liest zu viel geringe Sachen, womit man die Zeit verdirbt und wovon man weiter nichts hat. Man sollte eigentlich immer nur das lesen, was man bewundert."
Und etwas poetischer von Kafka: "Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns."
Dem stimme ich gerne zu, wenn ich auch nicht so dogmatisch vorgehen würde und jedem zugestehe, sich seine Bücher selbst auszusuchen und gut zu finden, was er möchte (sei die Folge auch ein "aufgeblähtes Gehirn", damit muss der Konsument dann klar kommen). Dass man die von Hustvedt erwähnten Kinder (nicht nur beim Lesen) etwas anleiten sollte, versteht sich von selbst.
Ich mag Bücher mit "handfesten" Inhalten, mit einer Handlung der man folgen kann und das auch gerne tut. Das hat nichts mit "Krachen und Scheppern" zu tun, ich brauche nicht alle zwei Absätze ein explodierendes Auto, es gibt viele wundervolle Geschichten, in denen kein bisschen "Action" vorkommt, die Innenansichten der Protagonisten aber so spannend sind wie eine Achterbahnfahrt. "Philosophie" kann dabei ruhig eine Rolle spielen, muss für mich aber immer am Beispiel erfolgen und nicht bloß als abstrakte Idee oder langweilige Moralpredigt ausgebreitet werden.
Denn genau das sehe ich in der "Liebe zur Weisheit" nicht: Philosophie ist keine Predigt oder Anleitung, der man einfach folgen kann, sondern fasst meist nur das in Worte, was man oft schon gefühlt und innerlich verstanden hat, für sich selbst aber noch umsetzen muss, individuell, angepasst an die eigene Person. Sie ist eine Hilfe, um Chaos in den Griff zu kriegen und Regeln vorzuschlagen, an denen man sich "festhalten" kann, aber nicht muss - und diese Regeln ändern sich auch im Lauf der Zeit, werden revidiert und im besten Fall von jedem Einzelnen für sich neu interpretiert.
Also: Frei nach Zarathustra - um hier doch noch ein bisschen Philosophie ins Spiel zu bringen - "Lest immerhin, was ihr wollt, aber seid erst solche, die wollen können."